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Orpheus Trust - Verein zur Erforschung und Veröffentlichung vertriebener und vergessener Kunst

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Tätigkeitsbericht 1996

Tätigkeitsbericht 1996-97

In diesem ersten Tätigkeitsbericht finden Sie ausnahmsweise einen internen Bericht von Primavera Gruber, quasi als Werkstattbericht verfasst für den Vorstand im Oktober 1996 (die restlichen Aktivitäten des Jahres 1996 schließen daran an). Er zeigt besser als alles andere wie viel Know-how, aber auch Tatendrang, Begeisterung und Idealismus investiert wurden. Gleichzeitig werden auch die recht mühsamen Anfänge und die völlige Unsicherheit in finanziellen Dingen sichtbar. Sie führten dazu, dass einige Vorstandsmitglieder in der Befürchtung, dass eine solide Basisfinanzierung nicht im Bereich des Möglichen läge, nach dem ersten Jahr aufgeben wollten. Sie sollten langfristig Recht behalten, aber das kleine Häufchen Idealisten, das sich zum Weitermachen entschloss, ist rückblickend dankbar für und stolz auf das, was trotzdem realisiert und erreicht werden konnte (siehe Veranstaltungstermine und Tätigkeitsberichte 1997-2006).

1. März 1996 bis 29. Oktober 1996

1. Vorbereitung

Nach einer Anfrage an Matthias Finkentey, Geschäftsführer des MICA, der aus Zeit- und Finanzgründen in den kommenden 2 bis 3 Jahren keine Möglichkeit sieht, sich im Rahmen des MICA auch um eine Dokumentation des vertriebenen Musiklebens aus Österreich zu bemühen, und einer Rücksprache mit Sektionschef Dr. Hans Temnitschka (BMfWVK), der zu diesem Schritt rät, initiiert Dr. Primavera Gruber die Gründung des Vereines 'Orpheus Trust'.
Ihre Vorbereitungstätigkeit, beginnend mit 1. März 1996 und endend mit der Nachbearbeitung der Gründungsversammlung vom 29. Mai 1996 umfasst neben den vereinsbehördlichen Auflagen
. Konzeptentwicklung
. Erstellung einer Interessenten- und Expertendatei
. Anfragen an Proponenten (mit Projektbeschreibung und Proponentenliste), Information von
Entscheidungsträgern
. Ausarbeitung und Vervielfältigung der Statuten
. Anfrage und Information der Vorstandsmitglieder
. Organisation der und Einladung zur Gründungsversammlung, Organisation der ersten Vorstandssitzung
. Erstellung eines Finanzplanes, Eröffnung eines Bankkontos, Buchhaltung, Rechnungslegung
. Aktive und passive Materialsammlung
. Nachbearbeitung der Gründungsversammlung
. Berichterstattung über Vereinsgründung und Statutenänderung an Proponenten, Mitglieder und Interessenten
. Mitgliederwerbung in Form eines Rundbriefes.

Primavera Gruber hat dafür ihr Büro und ihre professionelle Infrastruktur zur Verfügung gestellt und wird das auch weiterhin tun. Sie erhielt für die Vorbereitungsphase vom BMfWVK eine Förderung in Höhe von 35.000,-, die am 25. September1996 als Teil der Jahresförderung 1996 dem Verein Orpheus Trust umgewidmet wurde und später als Teilhonorar für Dr. Christian Baier verwendet werden konnte.

2. Vereinsgründung , Planungsphase

Bei der Gründungsversammlung am 29. Mai 1996 im Literaturhaus Wien traten 24 Gründungsmitglieder dem neuen Verein bei. Zu den vorgeschlagenen Statutenänderungen, die bis auf eine (Kuratoren) angenommen wurden, kamen auf Wunsch von Matthias Finkentey (MICA) die Streichung des Passus 'aus Österreich' (§ 2c Statuten) und auf Vorschlag von Dr. Marcile Dossenbach die Einfügung der Endung -Innen.
Der Vorstand wurde einstimmig bestätigt und hielt in seiner ersten Vorstandssitzung in seiner Geschäftsordnung fest, dass das Sekretariat bis auf Weiteres von Primavera Gruber geführt wird und diese bis zu einer Höhe von öS 20.000,--alleine zeichnungsberechtigt ist. Sie wird in den ersten Monaten weiterhin kein Honorar verrechnen, kann auf Dauer allerdings nicht ohne Entgelt tätig sein. Matthias Naske schlägt vor, gleich beim ersten Subventionsansuchen eine vernünftige Kosten-und Honorarabdeckung für das Sekretariat miteinzubeziehen.
Geplant ist für den 1. Oktober ein Konzert, mit dem sich der Verein der Öffentlichkeit präsentieren und einen ersten Eindruck der Vielfalt der vergessenen Komponisten bieten möchte. Schwerpunkt sollen Kammermusikwerke noch lebender Komponisten sein.
Sektionschef Dr. Hans Temnitschka, der das Projekt von Anfang an befürwortet hat, sondiert bei Ministerialrat Dr. B., ebenfalls BMfWVK, die Möglichkeit einer Förderung für das Forschungsprojekt .
Für das Konzert (geplante Kosten öS 250.000,--) ist eine volle Kostenabdeckung (gemeinsam mit der Stadt Wien) durch die Kulturabteilung vorgesehen, wie Dr. Temnitschka mehrfach mittteilt.
Um keine Zeit zu verlieren wird noch vor einer bindenden Antwort der Subventionsgeber beschlossen, einen (freien) wissenschaftlichen Mitarbeiter zu suchen.

3. Konzertvorbereitung, Vorbereitung Forschungsprojekt, Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit

Der Vorstand einigt sich aus verschiedenen Kandidaten auf Dr. Christian Baier, der im Rahmen eines Werkvertrages bis Oktober sofort mit der Vorbereitung der Programmrecherchen, der Konzept- und Texterstellung beginnt. Dr. Kapp verfasst ein erstes kurzes Forschungsexposé, Dr. Lunzer und Dr. Seeber führen uns in die Datenverarbeitung der Exilbibliothek ein. Später werden wir auch von Bernhard Günther in die MICA-Software eingeführt.
Grafikatelier Baumann entwirft unentgeltlich ein Logo und Briefpapier für den Verein, welches von einer Diskette kopiert wird (keine Druckkosten). In Zusammenarbeit mit Dr. Kapp entsteht ein Konzertprogramm - durch die Materialbeschaffungsschwierigkeiten sind die Möglichkeiten noch sehr beschränkt, da aber eine breite stilistische Palette angestrebt wird und lebende Komponisten im Mittelpunkt stehen sollen, lässt sich aus der Not eine Tugend machen. Die bereits bestehenden Kontakte Primavera Grubers zu Exilkomponisten sind sehr hilfreich. Trotzdem stellen sich mehrere Werke als unaufführbar dar, da das Notenmaterial nicht rechtzeitig zu beschaffen ist. Auch haben nicht alle angefragten Interpreten das nötige Engagement und den Mut, sich auf Neuland einzulassen. Durch eine glückliche Fügung stellt sich das Windrose Quartet als 'Wiederentdecker' Ruth Schönthals heraus: Das Quartett hat neben dem Streichquartett von Joseph Horovitz auch ihr 1. Streichquartett im Repertoire und die bisher als 'unbekannt' beschriebene Komponistin kann sogar zum Konzert nach Wien eingeladen werden.

Inzwischen erhalten wir über Dr. Temnitschka eine ablehnende Antwort aus der Wissenschaftsabteilung des BMWVK; und auch die Kulturabteilung der Stadt Wien will laut Dr. Mießgang - nach anfänglicher Begeisterung- das Konzert nur fördern, wenn das Forschungsprojekt durch das Ministerium gefördert wird. Seitens der Musikabteilung der MA 7 werden dann aber doch öS 50.000,-- in Aussicht gestellt.
Nach einer nochmaligen Anfrage bei Dr. Temnitschka und einem mehrfachen 'Ehrenwort' bezüglich der vollständigen Konzertfinanzierung durch die Kulturabteilung des BMWVK werden die Musikerverträge abgeschlossen und die Vereinsbroschüre bestellt.
Allein die schwierige Aufgabe, Fotos und Biographien für die Broschüre aufzutreiben und zu überprüfen, bestätigt die Notwendigkeit des Orpheus Trust.
Einige Wochen vor dem Konzert stellt sich nach wiederholtem Nachfragen heraus, dass seitens des Ministeriums nur ein Betrag von öS 100.000,-- (neben den Reise- und Aufenthaltskosten für die Komponisten) zur Verfügung stehen wird. Eine Woche vor dem Konzert gibt es noch immer keine schriftliche Zusage, der Akt ist außerdem unauffindbar. Der Ministerunterschrift im letzten Moment folgt ein nochmaliges Verschwinden des Akts, diesmal in der Buchhaltung, wo dank der Bemühungen vieler Beteiligten doch noch ein Tag vor dem Konzert eine Auszahlung über die Postsparkasse erfolgt, womit wenigstens die Musikerhonorare gezahlt werden können.

Inhaltlich entwickelt sich das Konzept einer Vernetzung von Wissenschaft, Veranstalter, Interpreten und Interessenten erfolgversprechend. Laufend kommen Anfragen und Anregungen, die wohl meist erst langfristig konkretisiert werden können, aber eine große Kooperationsbereitschaft erkennen lassen.
Dr. Baier hat inzwischen ein Konzept für einen Fragebogen als Leitfaden für Interviews mit Betroffenen, deren Angehörigen und Zeitzeugen erstellt. In Interviews mit den Komponisten Hoffmann und Schönthal wird das Konzept getestet, wobei viele wichtige Erfahrungen gemacht werden. Dr. Elisabeth Koenig, Leiterin des 'oral history research' am Washington Holocaust Institute, die Primavera Gruber bei ihrem Wien-Besuch kurz empfängt, erklärt sich bereit, den Fragebogen einer kritischen Evaluation zu unterziehen und uns auch bei unserer Suche in den USA zu unterstützen.

Am 26. September findet im Wotrubasaal des Wiener Konzerthaus die Pressekonferenz zur Gründung von Orpheus Trust statt, an der Journalisten der APA, DPA, Salzburger Nachrichten, Falter, Die Presse und Neue Illustrierte Welt teilnehmen. Generalsekretär Christoph Lieben begrüßt als Hausherr, neben dem Vorstand sind die KomponistInnen Richard Hoffmann und Ruth Schönthal, Pianist Claus-Christian Schuster vom Altenberg Trio, Christian Baier, Christoph Becher vom Konzerthaus und Renald Deppe anwesend. Aus - für uns nicht immer nachvollziehbaren Gründen - wollen einige Zeitungen nicht berichten; insgesamt aber ist das Echo in der Öffentlichkeit sehr stark.

4. Gründungskonzert 1. Oktober 1996

Tags vor dem Konzert sind Richard Hoffmann und Ruth Schönthal zu einem Schülergespräch, moderiert von den Professoren Hörzinger (Politische Bildung), Grasemann und Ortmayr, Musik, im Wiener Musikgymnasium zu Gast. Die unterschiedlichen Charaktere und stilistische Ausrichtung der beiden Komponisten sorgen für eine lebhafte Diskussion. Mehrere Schüler kommen auch ins Konzert (ein großes Freikartenkontingent - trotz Finanzproblemen - würde sicher noch mehr jugendliches Publikum bringen). Die Proben der Hoffmann- und Schönthal-Stücke werden von der ZiB-Redaktion aufgenommen, beide Komponisten werden interviewt. Die Aufnahmen werden aber leider erst am Konzertabend selbst gesendet.
Im Garderobenfoyer des Konzerthauses werden vor dem Konzert und in der Pause Interviews mit Norbert Brainin und Siegmund Nissel, Teile einer Videoinstallation 'Geburtsort Österreich' vom Verein 'Schauplatz zeitgenössischer Kunst' gezeigt. Der Verlag für Gesellschaftskritik bietet am Büchertisch das Buch 'Orpheus im Exil' an.
Der Mozartsaal ist mit 170 Eintrittskarten nicht übervoll, vom Wiener Konzerthaus wird die Besucherzahl allerdings als Erfolg gewertet. Die Begeisterung des Publikums über diese Gelegenheit, einen erstmaligen Überblick über die stilistische Vielfalt der vertriebenen Musik zu 'hören', das verschwundene Puzzlestück der über 60 Jahren hinweg abgerissen gebliebenen Aufführungstradition gewissermaßen einfügen zu können, bestätigen die Sinnhaftigkeit dieses ersten Konzertes ebenso wie das dadurch erreichte Echo in der Öffentlichkeit. Nach dem Streichquartett von Joseph Horovitz sprechen Vorsitzender Prof. Dr. Reinhard Kapp und Prof. Dr. Walter Pass, österreichischer Pionier der Musik-Exilforschung, einige kurze Worte, anschließend erfolgt die Uraufführung eines Jugendwerkes von Egon Wellesz aus dem Jahr 1902. Abschließend werden alle Interpreten und Komponisten unter großem Beifall aufs Podium geholt. Das Kulturjournal bringt am nächsten Tag einen ausführlichen Bericht.
Das Konzert wird von Studenten aufgenommen - ein professioneller Mitschnitt ist leider nicht vorhanden.

Mitgliederstand per 29.10.1996: 75 Mitglieder, davon 3 außerordentliche.

5. Sekretariatstätigkeiten 31.5.-29.10.1996

. Materialbeschaffung und -vervielfältigung für Vorstand, Dr. Baier, Interpreten und Interessenten
. Subventions- und Förderungsansuchen, Vorfinanzierung, Buchhaltung, Zahlungsverkehr, Rechnungslegung
. Werkrecherchen, Notenmaterialsuche und –bestellung für die Programmerstellung des Gründungskonzerts
. Kontaktperson zu Komponisten, Interpreten, Wiener Konzerthaus: Verträge, Vereinbarungen Konzerthaus, Einladungen, Abwicklung, Reisekostenerstattung
. Konzeptentwicklung Broschüre, Gestaltung Konzertankündigung, Bestellung Erlagscheine
. Materialbeschaffung; Texterstellung und Redaktion Broschüre, Programmheft (mit Christian Baier)
. Dateierstellung & Versand Massensendung ca. 2100 Stück; Affichieren, Broschürenverteilung
. Verfassen Presseaussendung, Organisation Pressekonferenz, Pressemappe
Öffentlichkeitsarbeit ORF, Organisation Interviews
. Konzertorganisation, Mitgliederermäßigung, Freikarten, Pressekarten
Verknüpfung und Organisation Videoinstallation 'Geburtsort Österreich'
. Kooperation Zeitzeugen-Programm ARCHE
Organisation Schülergespräche Schönthal / Hoffmann Musikgymnasium
. Komponistenbetreuung, Organisation Testinterviews 'oral history'
. Kontaktperson Interessenten, Interpreten, Wissenschaftler, Veranstalter im In- und Ausland für zukünftige Kooperationen
. Terminanfragen und -koordination
. Mitgliederadministration, Vorstandskoordination, Protokollführung, Vereinsformalitäten, Koordination

Nachtrag: Tätigkeitsbericht vom 17.2.1997 (Kurzfassung)

Es ist viel geschehen seit der Gründung des Orpheus Trust.
Zunächst daher ein kurzer Rückblick auf unsere Aktivitäten in den vergangenen 9 Monaten:
. 92 Personen und Institutionen sind dem Orpheus Trust als zahlende Mitglieder beigetreten
. über 300 Personen haben sich teils vor, teils nach der Vereinsgründung zu einem Kreis von Proponenten und Befürwortern unserer Projekte zusammengefunden.
. es gab bisher über 1000 Briefe, Anfragen und Zustimmungskundgebungen zu unseren Vorhaben.

a) Veranstaltungen
. Gründungskonzert am 1. Oktober 1996 plus Videoinstallation
Das Konzert hat ein breites Medienecho gefunden und uns ermutigt, weitere Aufführungen anzustreben.
. Die Komponisten Ruth Schönthal und Richard Hoffmann, die wir mit Hilfe des Wissenschaftsministeriums zum Konzert nach Wien einladen konnten, wurden zu Leben und Werk interviewt und haben uns Text- und Tonmaterial zur Verfügung gestellt. Gemeinsam nahmen sie im Wiener Musikgymnasium an einem Schülergespräch teil. Beim Konzert selbst wurde eine Videoinstallation mit Interviews von Norbert Brainin und Sigmund Nissel vom Schauplatz zeitgenössischer Kunst gezeigt.
. Der Verein Kulturspektakel Wien organisierte am 27. November 1996 ein 'Orpheus Trust-Konzert' mit dem Amber Trio Jerusalem. Er hat dem Verein eine Seite seiner Programmzeitschrift zur Verfügung gestellt, um seine Aufgaben bekannt zu machen.
. Von mehreren Institutionen, Ensembles und Veranstaltern erhielten wir Anfragen nach Datenmaterial und Programmvorschlägen, die wir mit Hilfe des bekannten, bzw. bisher von uns gesammelten Materials beantwortet haben.
. Künstler und Ensembles haben sich bei uns mit Konzert- und Veranstaltungsideen gemeldet und wir sind bemüht, diese Programme an interessierte Veranstalter weiterzuleiten.

b) Beginn der wissenschaftlichen Basisforschung
. Im Hinblick auf das aufzubauende Archiv des Orpheus Trust wurde von Dr. Baier ein Fragenkatalog für Interviews sowie ein einfaches Abfragesystem für unsere Datenbank ausgearbeitet.
. Die von Dr. Gruber in Auftrag gegebene und von Dr. Baier erstellte Datenbank enthält bereits Angaben zu über 600 Komponisten. Sie wird trotz fehlender Mittel von Dr. Baier und Dr. Gruber weiter bearbeitet und enthält auch einen umfangreichen Adressenbestand. Wir hoffen, in Bälde umfassende Werkverzeichnisse und Rezeptionsdaten zur Verfügung zu haben.
. Eine kleine, aber ständig wachsende Sammlung Notenmaterial, Bücher, Ton- und Bilddokumente bildet den Grundstock eines zukünftigen Archivs.
. Das MICA wurde in ihrem Bestreben, im demnächst erscheinenden 'Lexikon der österreichischen Komponisten' vertriebene Komponisten verstärkt zu berücksichtigen, vom Orpheus Trust unterstützt.
. Der Musikwissenschaftler Dr. Thomas Gayda hat anläßlich eines USA-Aufenthalts Angehörige von vertriebenen Künstlern besucht, Interviews aufgenommen, Kontakte intensiviert und Material gesammelt.
Allein seine Erfahrungen haben unseren Eindruck lebhaft verstärkt, wie dringend und notwendig die Kontaktaufnahme ist: um Vertrauen zu schaffen, um Materialien/ Nachlässe/ Wissen/ Erfahrungen vor dem Vergessen oder gar der Vernichtung zu retten und dem gegenwärtigen musikalischen Leben zugänglich, nutzbar und erforschbar zu machen.

c) Weitere Aktivitäten im kommenden Jahr:
. Das Jüdische Institut für Erwachsenenbildung veranstaltet in Zusammenarbeit mit Orpheus Trust am 9. und 10. April 1997 Vorträge zum Thema 'Antisemitismus und Musik' (Dr. Gerhard Scheit) und 'Die Wiener Schule im Exil - am Beispiel London' (Dr. Reinhard Kapp).
. Die Caritas St. Pölten veranstaltet am 20. April 1997 ihr alljährliches Flüchtlingsfest. Orpheus Trust vermittelte dazu das Ensemble Klesmer und wird dort präsent sein.
. Im Literaturhaus in Wien - das eine eigene Abteilung für Exilliteratur erfolgreich betreibt - wird eine 'Orpheus-Vortragsreihe' entstehen: Auftakt wird ein Vortrag anläßlich der Generalversammlung (voraussichtlich am 26. Mai 1997).
. In der Wiener Urania ist am 5. Juni 1997 in Zusammenarbeit mit Orpheus Trust ein Liederabend (Gesprächskonzert) mit Werken von Komponisten, die in der Zwischenkriegszeit zu den 'Hauskünstlern' der Urania gehörten (u.a. Wellesz, Rubin, Gál und Pamer) geplant. In der Saison 97/98 soll daraus eine kleine Konzertreihe entstehen.
. Im Parlament soll in Zusammenarbeit mit dem Nationalfonds zur Entschädigung von Opfern des NS-Regimes ein Benefizkonzert stattfinden.
. Im Rahmen der Ausstellung 'Gast und Gastlichkeit' auf Schloß Goldegg findet sich im Sommer 1997 ein Konzert mit vertriebenen Komponisten im Programm.
. Der Aktionsradius Augarten plant für 1997 ein Projekt in Zusammenarbeit mit Orpheus Trust.
. Interessenten für einen workshop mit dem Pianisten Karl-Ulrich Schnabel, dem Sohn von Arthur Schnabel mögen sich bitte bei uns melden; wir würden ihn gerne im Herbst nach Österreich einladen...
. Die jeunesse musicale plant im Dezember 1997 einen Wellesz-Schwerpunkt.
. Ein eigenes Event zum Thema 'Wiener Lied, Jazz und Kabarett' wird für den Herbst 1997 vorbereitet: wir ersuchen unsere Mitglieder, Proponenten und Interessenten um zusätzliche Programmvorschläge. Eine Jury soll die besten Projekte auswählen.
. Unsere Informationsbroschüre ist vergriffen und wird mit Hilfe eines Sponsoring der Bank Austria in Neuauflage erscheinen: auf Grund der wissenschaftlichen Vernetzung können wir nun auch eine Aktualisierung der Komponistenbiographien vornehmen.

d) Unsere systematische Vorhaben und deren bisherige Verhinderung
Als regelmäßige Tätigkeit streben wir an:
. die systematische Forschung intensiv voranzutreiben und ihre Ergebnisse für die Datenbank und in Form von Publikationen abzugleichen und aufzubereiten
. Biblio- und Diskographien zu erarbeiten
. Nachlässe, Sammlungen, Partituren, Bücher, Aufnahmen und alle anderen relevanten Dokumente zu sammeln
. ein Zentrum für die vertriebene Musik zu bilden, das fundiert Auskunft geben kann und das die Erinnerung an die Künstler festigen und die Beschäftigung mit ihrem Leben und Werk fördern, ja in vielen Fällen erst einleiten können sollte
. eine Zeitschrift herauszugeben und Sie regelmäßig über neue Forschungsergebnisse, Publikationen, Tonaufnahmen und Veranstaltungen zu informieren
. weitere Veranstaltungen zum Thema vertriebene Kunst zu initiieren.

Eine stabile Finanzierung dieser Aufgaben ist uns bisher nicht gelungen.
. In mehrfachen Anläufen wurde versucht, das BM für Wissenschaft, Verkehr und Kunst für die Förderung einer kontinuierlichen Tätigkeit des Orpheus Trust zu gewinnen: vergebens.
Bisher wurde nur das Gründungskonzert gefördert bzw. konnten wir Zusagen für eine Projektförderung im laufenden Jahr erreichen; die zentralen Aufgaben, die sich der Orpheus Trust gestellt hat, werden ignoriert.
. Bedauerlicherweise konnte bislang auch mit dem neuen Wiener Kulturstadtrat eine ausreichende Gesprächsbasis nicht hergestellt werden.
Wir müssenuns an diesem Punkt fragen, ob wir weiter machen können, obwohl wir über keine finanziellen Ressourcen verfügen und eine große Zahl von Arbeitsstunden unbezahlt geleistet wurde - ein Zustand, der nicht blindlings fortgesetzt werden kann.

Als Erfolg können wir die genannten Aktivitäten und Pläne sowie das große Öffentlichkeitsecho nennen.

Wir wollen uns mit den Misserfolgen bei der Finanzierung nicht zufrieden geben. Die bisher genannten Begründungen der Ablehnung unserer Subventionsansuchen sind zu lächerlich angesichts des Ernstes und der Dringlichkeit der Sache, die sich Österreich angelegen sein lassen sollte, da es auf dem Gebiet des Bewusstmachens und Erhaltens von Wissen und Kunst, die durch den Nationalsozialismus zerstört, behindert oder beeinträchtigt worden sind, noch nicht genug getan hat.

Bitte unterstützen Sie uns und machen Sie Ihren positiven Einfluß bei den Entscheidungsträgern geltend. Auf Wunsch senden wir Ihnen gerne einen detaillierten Finanzierungsplan für das laufende Jahr zu, damit Sie sich ein Bild von dem Aktionsradius machen können, den wir als Minimum des Angemessenen vorschlagen.

Wir bedanken uns für Ihr bisheriges und hoffentlich auch künftiges Engagement!

Mit freundlichen Grüßen,


oHS Prof. Dr. Reinhard Kapp
für den Vorstand

Dr. Primavera Gruber
Sekretariat

 

 



Oscar Teller

   

 


 


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